Geschichte der Logistik

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Begriffsentstehung

Der byzantinische Kaiser Leontos VI (866 - 912 n. Chr.) verfasste ca. 900 n. Chr. die erste, heute bekannte Definition der (militärischen) Logistik im Rahmen seines Werkes "Summarische Auseinandersetzung der Kriegskunst", das unter der Bezeichnung der "Leoninischen militärischen Institute" bekannt geworden ist.[1] Er schreibt im einzelnen: "Sache der Logistik ist es, das Heer zu besolden, sachgemäß zu bewaffnen und zu gliedern, es mit Geschütz und Kriegsgerät auszustatten, rechtzeitig und hinlänglich für seine Bedürfnisse zu sorgen und jeden Akt des Feldzugs entsprechend vorzubereiten, d.h. Raum und Zeit zu berechnen, das Gelände in Bezug auf die Heeresbewegungen sowie des Gegners Widerstandskraft richtig zu schätzen und diesen Funktionen gemäß die Bewegung und Verteilung der eigenen Streitkräfte zu regeln und anzuordnen, mit einem Wort zu disponieren".[2] Das altgriechische Wort "Logistikä" heißt übersetzt "praktische Rechenkunst". Der Begriff Logistik geht vermutlich auf das französische Wort "logistique" zurück, das sich an den Begriff "logis" (Quartier) anlehnt. In der antike trugen römische Beamte welche die staatlichen Vorräte verwalteten den Titel "Logistika". Eine einheitliche Abgrenzung konnte bisher jedoch nicht gefunden werden.

In Deutschland wurde der Begriff Logistik 1974 in das Handwörterbuch der Betriebswirtschaft aufgenommen. Ab den 1980er Jahren wurde der Begriff zu einem Schlagwort für Prozess- und Informationsflussoptimierung.

Bau der Pyramiden

Bereits vor über 5000 Jahren wurden beim Bau der ägyptischen Pyramiden in Europa logistische Höchstleistungen erbracht. Die zum Bau verwendeten Granitblöcke stammen zum Teil aus Steinbrüchen die rund 800 Kilometer von der Baustelle entfernt waren. Für die Anlieferung der teilweise über 50 Tonnen schweren Steinblöcke wurde für den Bau der Cheops-Pyramide ein Hafen angelegt.

Die erste deutsche Eisenbahnfracht

Das erste Frachtgut das auf einer deutschen Eisenbahn befördert wurde, sind 2 Fässer Bier gewesen. Am 11. Juli 1836 erhielt die Nürnberger Brauerei Lederer von der ersten deutschen Eisenbahn, der so genannten Ludwigsbahn, die zwischen den Städten Fürth und Nürnberg am 7. Dezember 1835 eröffnet wurde, die Erlaubnis 2 Fässchen Bier gegen eine Vergütung von je 6 Kreuzern an den Wirt "zur Eisenbahn" nach Fürth zu senden. Unter der Ausdrücklichen Bedingung das besagter Wirt die beiden Fässer sofort nach Ankunft des Zuges in Empfang zu nehmen und abzuholen habe. Der Direktorialkommissär Dr. Löhner sollte, wie es in der Verfügung heisst, Sorge tragen "das dieser kleine Anfang der Güterbeförderung in gehöriger Ordnung vor sich gehe umsolchen vielleicht später ins große ausdehnen zu können."[3]

Seit wann gibt es das Porto?

Gebühr bezahlt Empfänger – eine über Jahrhunderte gängige Praxis. Der französische Postdienstbetreiber Jean-Jacques Renouard de Villayer drehte 1653 den Spieß um – und ließ sich die Gebühr vorab vom Auftraggeber bezahlen. Der Grund: Seine Boten könnten schneller arbeiten, wenn sie beim Empfänger nicht mehr auf das Entgelt warten müssten. Zudem sei es höflicher, wenn der Absender und nicht der Adressat die Zustellung bezahle. Eine Ansicht, die bis heute gilt. Nachdem die Engländer 1840 die erste Briefmarke druckten, setzte sich das „Prepaid System“ allmählich in ganz Europa durch.[4]

Die Metzgerspost

Vom 15. bis zum 19. Jahrhundert zogen Metzger zum Viehkauf übers Land. Um die Reisekosten auf anderem Wege wieder einzufahren, beförderten sie Nachrichten und Waren gegen Gebühr. Nicht nur ein florierender Nebenverdienst für die Zunft – der Nürnberger Rostbratwurst verhalfen die fahrenden Gesellen so zu überregionaler Bekanntheit. Mit der fränkischen Metzgerspost gelangte die Delikatesse zu Gourmets in ganz Deutschland. Johann Wolfgang von Goethe beispielsweise nahm für die Bestellung von 24 fränkischen Räucherwürsten eine Wartezeit von 35 Tagen in Kauf. Moderne Paketdienstleister wie Hermes bewältigen die Strecke Nürnberg – Weimar in zwei bis drei Tagen.[4]

historische Logistikriesen

East India Company

Im Jahr 1600 unterzeichnet Königin Elisabeth I. in London die Gründungsurkunde für eine englische Handelskompanie zur See. Die Mitglieder sollen dorthin segeln, "wo der Pfeffer wächst"[5] und begehrte Rohstoffe nach Hause bringen. Dafür erhielten sie die Unterstützung der Regentin. Die Gesellschaft wurde als "The Governor and Company of Merchants of London Trading into the East Indies" von einer Gruppe unternehmungslustiger und einflussreicher Geschäftsmänner gegründet, die einen königlichen Freibrief mit einem exklusivem Recht zum Handel mit Indien für eine Dauer von 15 Jahren erhielt. Die Kompanie hatte 125 Anteilseigner und ein Grundkapital von 72.000 Pfund. Auf dem indischen Subkontinent und in Asien gründete die so genannte East India Company zahlreiche Niederlassungen. Die Docklands in London avancierten zum Umschlagplatz. Die Flotte verschiffte Opium nach China, Baumwolle nach Japan, Kaffee nach Indien, Gewürze nach Amerika. Die Laderäume der Rückkehrer waren gefüllt mit Zimt, Muskat und Nelken aus Südostasien, mit Seide, Porzellan und Tee aus dem Reich der Mitte. Die Kompanie kontrollierte die Hälfte des Welthandels und ein Viertel der Erdbevölkerung. Sie war die größte multinational operierende Firma jener Epoche.

Die Hanse

Als deutsche Händler um 1100 n. Chr. versuchten im nordeuropäischen Handel Fuß zu fassen, trafen sie auf hartnäckige Konkurrenz. Die Skandinavier reisten auf den Routen ihrer Vorfahren. Kölner Händler hatten sich in England zahlreiche Privilegien gesichert, u.a. das Recht im ganzen Land Waren zu vertreiben, und ein eigenes Handelshaus, die Gildehalle, erworben. Diese Kölner Kaufleute waren es die sich zur ersten bekannten Hanse zusammenschlossen. Gegründet zur gegenseitigen Unterstützung und zum Schutz vor z.B. Wegelagerern und Piraten. Dieser Hanse schlossen sich immer mehr Kaufleute und schließlich auch Städte an, sodass gegen ende des 13. Jahrhunderts die meisten Handelsgilden und Städte vom Niederrhein bis zum Baltikum der Hanse angehörten. Seit dem Vertrag von 1280 zwischen Lübeck, Visby und Riga versprechen sich nicht mehr Kaufleute gegenseitigen Schutz sondern die Städte. Der langsame Wandel vom Zusammenschluss einzelner Handelsgilden über Kaufmannshansen hin zu der Städtehanse vollzog sich. Nach der erfolgreichen Handelsblockade gegen Norwegen von 1284-85 in deren folge dem Hansebund weitreichende Privilegien zuteil wurden wuchs der Einfluss der Hanse in Europa stetig. Während in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Hanse eine Vormachtsstellung inne hat, findet der erste "Hansetag" 1356 statt. Der Hanse gehören zu diesem Zeitpunkt ungefähr 200 Städte an.


Thurn und Taxis

Der Habsburger Kaiser Maximilian beauftragte 1495 Franz von Taxis mit der Auslieferung der Reichspost innerhalb des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. In diesem Zusammenhang wird das Staffelsystem und feste Linien bei der Beförderung von Waren zum ersten mal genannt. Es gab zum Beispiel feste Linien von Brüssel über Wien nach Venedig und eine Linie von Köln über Nürnberg nach Prag. Das war der Beginn der Entstehung eines internationalen Postwesens. Als Sitz wählte die Familie Brüssel. Ab 1615 waren die Thurn und Taxis Reichserbgeneralpostmeister.

Die Entwicklung der (militärischen) Logistik

Vor mehr als 150 Jahren identifizierte der preußische Stratege Carl von Clausewitz in seinem Standardwerk "Vom Kriege" vier Möglichkeiten, um die Verpflegung der Soldaten sicherzustellen.

1. Die Ernährung durch den Wirt
2. durch Beitreibungen, welche die Truppen selbst besorgen
3. durch allgemeine Ausschreibungen und
4. durch Magazine

Unter "Ernährung durch den Wirt" versteht Clausewitz, dass das Militär durch den jeweiligen Stationierungsort, also eine Stadt oder eine Burg, versorgt wird. Seiner Meinung nach kann eine Stadt für einige Tage leicht das Drei- bis Vierfache der Bevölkerung versorgen. Alle notwendigen Güter sind unter den Einwohnern - im Zweifelsfall sogar unter Waffeneinsatz - zu requirieren.

Unter "Beitreibungen" versteht Clausewitz, dass sich die Requirierung von Vorräten nicht nur auf den Stationierungsort, sondern auch auf die Umgebung erstreckt. Kritisch ist hierbei jedoch, dass vor allem das Transportproblem diese Form der Proviantierung nicht ganz einfach macht.

Etwas zivilisierter mutet die dritte Variante der "allgemeinen Ausschreibungen" an: "Es soll nicht mehr der Vorrat gewaltsam genommen werden, wo er sich gerade findet, sondern vermittelst einer vernünftigen Verteilung ordnungsmäßig geliefert werden." Clausewitz überträgt hierbei die Verantwortung für die Sicherstellung der Versorgung auf die Landesbehörden. Diese vergeben Aufträge oder erlassen staatliche Abgabevorschriften an Manufakturen und Bauern. Das Militär versorgt sich also nicht mehr selbst, sondern nutzt die vorhandenen zivilen Kapazitäten.

Die vierte Variante bezeichnet Clausewitz als "Unterhalt aus Magazinen". Hierbei bildet das Militär schon vorausschauend Depots mit den notwendigen Waren, um für eine gewisse Zeit unabhängig operieren zu können.


Die großen Flächenstaaten, z.B. Frankreich und Spanien, hatten sich zu politisch, geographisch und wirtschaftlich geschlossenen Ländern entwickelt. Militärische Konflikte waren im Regelfall nur an den Grenzen des jeweiligen Landes zu erwarten. Für diese Krisenregionen bedeutete dies eine besondere Belastung.
Schon eine Armee von 40.000 Fußsoldaten und 20.000 Reitern benötigte täglich alleine rund 300 Tonnen Brot und Futter. Große Massenheere, wie zum Beispiel die 120.000 Soldaten, die Wallenstein im Jahr 1633 gegen das Schwedische Heer aufbrachte, erforderten Nachschub in ganz anderen Dimensionen. Materialien, wie Schießpulver, Munition und natürlich Kanonen und Schusswaffen mussten an die Front Transportiert werden. Es reichte nicht mehr aus das nötige aus der unmtittelbaren Umgebung des Heeres zu aquirieren.

Das Magazinsystem basiert auf dem Prinzip der Bevorratung. Nahrungsmittel, Kleidung, Waffen, Munition und alle anderen Güter, die eine Armee zum Funktionieren braucht, werden zu Friedenszeiten in zentrale Lager verbracht und dort eingelagert. Bauern und Manufakturen werden für die Erbringung der notwendigen Lieferungen entweder bezahlt oder durch staatliche Abgabeverordnungen verpflichtet. Die Organisation der Bevorratung obliegt Beamten, die anhand von Schätzungen und planerischer Vorausberechnungen die notwendigen Vorräte beziffern. Im Kriegsfall werden die Heerestruppen aus den jeweils nächsten Magazinen versorgt. Im Feindesland dienen provisorische Feldlager als Zwischendepot, um den Warenumschlag zu erleichtern. Die Bestände der frontnahen Magazine werden wiederum durch weiter entfernte Depots und die laufenden Lieferungen durch Bauern und Manufakturen aufgefüllt. Nicht übersehen darf man in diesem Zusammenhang den enorm hohen Transportaufwand zwischen den einzelnen Magazinen und den aktiven Heerestruppen.

Treibende Kraft hinter dem Ausbau der Transportinfrastruktur war daher häufig das Militär. Die römischen Straßen, das napoleonische Chausseenetz, preußischen Eisenbahnen und sogar die deutschen Autobahnen, sie alle entstanden vor allem auch zur Verbesserung und Beschleunigung der Nachschubwege zwischen den überall im Land verteilten Nachschubdepots und Kasernen. Eine der ersten organisatorischen Leistungen hin zur Schaffung einer eigenständigen Logistik bestand darin, dass bewaffnete Truppen und Tross getrennt wurden. Zur Sicherstellung der Rundumversorgung der Soldaten wurden separate Einheiten geschaffen, die sich mit der Planung und der Durchführung der Logistik beschäftigten.
Aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung der militärischen Konflikte im Zweiten Weltkrieg ergaben sich Versorgungsprobleme, die zur Entwicklung von Methoden und Techniken für eine bedarfsgerechte Bereitstellung führten. Die Logistik gewann eine entscheidende Bedeutung.

Der Schweizer General Antoine-Henri Jomini (1779-1869) postulierte eine Gleichstellung der Logistik mit Strategie und Taktik und führte den Begriff Logistik zur Bezeichnung aller für die militärische Versorgung notwendigen Tätigkeiten ein. Seine Ideen fanden jedoch kaum Gehör.
Eine Renaissance erfuhr der Begriff während der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts in den USA. Der amerikanische Flottenadmiral George Cyrus Thorpe (1875-1936) betrachtet die Logistik als eine Wissenschaft von einem in sich geschlossenen Ganzen als einem besonderen Zweig der Kriegsführung, der eine große Anzahl von Tätigkeiten (wie Nachschub und Transport, Ingenieurwesen, Unterhalt, Sanität, Verwaltung und anderen logistischen Aspekten) umfasst.
In der moderneren Definition verschiebt sich der Begriff Logistik immer mehr hin zu einer Transportfunktion. Logistik dient in diesem Fall als Bezeichnung für Material- und Informationsprozesse, die der Optimierung der Raumüberwindung und Zeitüberbrückung sowie der Minimierung der Lagerhaltung dienen.

Definition

Logistik ist die aus den Zielen des Unternehmens abgeleitete integrierte Planung, Gestaltung, Durchführung und Kontrolle des gesamten Material-, Wert- und Informationsflusses vom Beschaffungsmarkt über den Lieferanten in das Unternehmen, innerhalb des Unternehmens, vom Unternehmen zum Kunden und wieder zurück in das Unternehmen.[6]

Eine der anschaulichsten Definitionen des Begriffes Logistik (im betriebswirtschaftlichen Sinne) stammt von Taiichi Ohno. Nach seiner Formulierung hat die Logistik die Aufgabe

1. die richtige Menge
2. der richtigen Objekte (Güter, Personen, Energie, Informationen)
3. am richtigen Ort (Quelle oder Senke) im System
4. zum richtigen Zeitpunkt
5. in der richtigen Qualität
6. zu den richtigen Kosten bereitzustellen.[7]

Sie gewährleistet eine reibungslose Gestaltung des gesamten Material-, Wert- und Informationsflusses.

Fussnoten

  1. Wikipedia
  2. Summarische Auseinandersetzung der Kriegskunst - Keiser Leontos von Byzanz
  3. Das grosse Lexikon vom Bier, VMA Verlag Wiesbaden
  4. 4,0 4,1 Hermes-Logistik-Gruppe
  5. Diese Redensart gab es allerdings schon früher, so wurde sie bereits 1512 von Thomas Murner in seiner "Narrenbeschwörung" verwendet.
  6. IHK-Textband "Die logistische Kette - Materialwirtschaft"
  7. http://www.logistikhalloffame.de/mitglieder/taiichi-ohno