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Den See- und Binnenhäfen in der Bundesrepublik Deutschland kommt eine Schlüsselrolle für die gesamte Volkswirtschaft zu. Sie sind  
 
Den See- und Binnenhäfen in der Bundesrepublik Deutschland kommt eine Schlüsselrolle für die gesamte Volkswirtschaft zu. Sie sind  

Aktuelle Version vom 6. März 2010, 10:15 Uhr

Nationales Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen

I. Einleitung

Den See- und Binnenhäfen in der Bundesrepublik Deutschland kommt eine Schlüsselrolle für die gesamte Volkswirtschaft zu. Sie sind

  • Drehscheiben des nationalen und internationalen Warenaustausches,
  • Knotenpunkte des Land- und Schiffsverkehrs,
  • attraktive Standorte für Industrieunternehmen und das Dienstleistungsgewerbe,
  • Zentren für logistische Aktivitäten,
  • Schnittstellen für die Landverkehrsträger Straße und Schiene mit dem System Schiff/Wasserstraße.

Von den Transport- und Logistikketten über See- und Binnenwasserstraßen profitiert ganz Deutschland mit einer Vielzahl von komplementären Industrie- und Dienstleistungsbereichen, die in allen Regionen und Wirtschaftssektoren angesiedelt sind. Schifffahrtsbezogene Logistikwirtschaft ist aufgrund der starken Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Außenhandel von besonders hoher struktureller und gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Die herausragende Stellung Deutschlands in der Exportwirtschaft wird ermöglicht durch ein hoch leistungsfähiges System von See- und Binnenhäfen in Verbindung mit guten wasserseitigen und landseitigen Anbindungen, wettbewerbsförderlichen Rahmenbedingungen und hoch entwickeltem logistischen Know-How. Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf Importe – insbesondere im Energiebereich (Erdöl, Erdgas) – angewiesen.

Im Jahr 2007 wurden von Deutschland Waren im Wert von 969 Mrd. € aus- und im Wert von 772,5 Mrd. € eingeführt. Damit waren sowohl die Ausfuhren als auch die Einfuhren so hoch wie nie zuvor.[1] Der Beitrag des Exports zum deutschen Bruttoinlandsprodukt ist zwischen 1995 und 2006 von 16% auf über 23% kräftig angestiegen. Mit dieser Entwicklung kann auch in Zukunft gerechnet werden.

Die Weltwirtschaft ist derzeit mit einer Finanzkrise von globalem Ausmaß konfrontiert. Die Regierungen unternehmen alle Anstrengungen, die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft einzudämmen.Trotzdem sind Prognosen über die kurzfristige weltwirtschaftliche Entwicklung im Kontext der Wirtschafts- und Finanzkrise mit Unsicherheiten behaftet. Jedoch ist nicht zu erwarten, dass die derzeitige konjunkturelle Abschwächung auf lange Sicht den Trend zu zunehmender Globalisierung und internationaler Arbeitsteilung umkehren wird. Die Potentiale der Globalisierung sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Der Export wird auch zukünftig einen entscheidenden Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft darstellen. Die Zunahme des Welthandels und damit des Weltseeverkehrs als Folge der Globalisierung und internationalen Arbeitsteilung sind und bleiben die zentralen Herausforderungen für unsere Häfen. Mit Blick auf das Jahr 2025 ist weiter davon auszugehen, dass der Welthandel und der Güterverkehr dynamisch wachsen werden. Vor diesem Hintergrund kommt einem leistungsfähigen Transport- und Logistiksystem als Motor für Wachstum und Beschäftigung eine hohe Bedeutung zu.

Die im Nationalen Hafenkonzept vorgesehenen Maßnahmen sollen unter anderem die internationale Wettbewerbsfähigkeit der See- und Binnenhäfen verbessern. Sie sind wichtige Instrumente zur Überwindung der derzeitigen Konjunkturschwäche und bieten damit die Chance, den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken. Von Beginn an wird die Umsetzung der in diesem Konzept geforderten Maßnahmen zu mehr Aufträgen in der Baubranche, mehr Arbeitsplätzen in der Hafen- und Logistikwirtschaft sowie den hafenbezogenen Industrien führen. Gleichzeitig zielt das Konzept darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nachhaltig zu erhöhen und durch Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen Lebensgrundlagen heutiger und zukünftiger Generationen zu erhalten.

Wenn die konjunkturelle Abschwächung überwunden ist, wird der weltweite Warenaustausch wieder zunehmen. Damit wächst die Rolle der Transportwirtschaft als Schlüsselindustrie für Deutschland. Der Umsatz in der gesamten Logistikbranche in Deutschland liegt bei rd. 190 Mrd. €[2]. Der nominale Umsatz in der Branche wuchs seit 2001 um jahresdurchschnittlich etwa 4,5% (zum Vergleich: Verarbeitendes Gewerbe: + 3%). Damit zählt der Sektor zu den wachstumsstärksten in Deutschland. Am gesamten europäischen Logistikmarkt hat Deutschland mit knapp einem Viertel einen europaweit einzigartig hohen Anteil.

Deutschland verfügt über eine der besten und modernsten Verkehrsinfrastrukturen weltweit, mit einem dichten und leistungsfähigen Netz von Straßen, Schienen und Wasserstraßen. Die logistischen Systeme sind exzellent ausgebaut. Trotzdem reicht die bestehende Infrastruktur nicht aus, um das zu erwartende Güterverkehrswachstum zu bewältigen. Für Deutschland wird eine Zunahme der Güterverkehrsleistung zwischen 2004 bis 2025 um rd. 70% vorhergesagt. Besonders stark wird der Seehafenhinterlandverkehr zunehmen: Das Aufkommen wird voraussichtlich um rd. 130% von 195 Mio. t auf rd. 450 Mio. t steigen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Spitzenstellung Deutschlands in Güterverkehr und Logistik wie auch in der Verkehrsinfrastruktur dauerhaft zu sichern. Bei dieser Aufgabe müssen sich Politik und Wirtschaft gleichermaßen den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen stellen.

In den 17 größeren deutschen Seehäfen und ca. 250 Binnenhäfen werden jährlich rd. 600 Mio. t Güter umgeschlagen. Es zeichnen sich jedoch zunehmend Kapazitäts-engpässe in den Häfen sowie bei den wasserseitigen und landseitigen Zufahrten ab. Die Häfen und Verkehrsinfrastrukturen stoßen an ihre Grenzen, wenn sich die Steigerung des Güterumschlags und -verkehrs auch in den nächsten fünfzehn Jahren fortsetzt.

Gesamtwirtschaftliche Bedeutung der See- und Binnenhäfen

  • In den 17 deutschen Seehäfen wurden über 315 Mio. t. Güter umgeschlagen (2007).
  • In den 250 deutschen Binnenhäfen wuchs der Güterumschlag 2007 gegenüber 2006 um 2,3% auf fast 250 Mio. t.
  • 300.000 Arbeitsplätze sind seehafen- und 400.000 Arbeitsplätze binnenhafenabhängig[3]
  • 2,6 Mio. Menschen sind in den 60.000 Logistikunternehmen beschäftigt.[4]

Mit Blick auf das zu erwartende Verkehrswachstum hat die Bundesregierung im Juli 2008 den im Koalitionsvertrag vereinbarten Masterplan Güterverkehr und Logistik vorgelegt. Der Masterplan setzt darauf, die großen zukünftigen Herausforderungen an Güterverkehr und Logistik zu meistern, insbesondere durch

  • optimale Nutzung der vorhandenen Verkehrswege und effizientere Gestaltung des Gesamtverkehrssystems,
  • Vermeidung unnötiger Verkehre bei gleichzeitiger Sicherung der Mobilität,
  • Verlagerung von mehr Verkehr auf die umweltfreundlicheren Verkehrsträger Schiene und Binnenwasserstraße,
  • verstärkten Ausbau von Verkehrsachsen und –knoten,
  • bessere Berücksichtigung der Anforderungen von Umwelt- und Klimaschutz, Lärm-minderungsmaßnahmen und Lärmschutz sowie der Sicherheitsanforderungen und
  • Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen im Transportgewerbe.

Der Masterplan zielt darauf ab, die Spitzenstellung Deutschlands bei Güterverkehr und Logistik angesichts der Herausforderungen eines globalisierten Wettbewerbs, des Klimaschutzes und sich beschleunigender technischer Entwicklungen dauerhaft zu sichern und auszubauen, um die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands sicherzustellen. Der Masterplan versteht die Hafenpolitik als nationale Aufgabe in gemeinsamer Verantwortung des Bundes, der Länder und der Wirtschaft.

Als Teil des Masterplans (Maßnahme A 7) legt die Bundesregierung das Nationale Hafenkonzept vor. Mit dem Nationalen Hafenkonzept werden die Ziele des Masterplans auf die See- und Binnenhäfen übertragen. Maßnahmen des Masterplans werden auf die Häfen fokussiert und durch weitere hafenspezifische Maßnahmen ergänzt. Damit trägt das Nationale Hafenkonzept dem verkehrspolitischen Ziel der Bundesregierung Rechnung, die einzelnen Verkehrsträger im Rahmen eines integrierten Verkehrssystems besser miteinander zu verknüpfen, um so die spezifischen Stärken jedes Verkehrsträgers optimal zu nutzen und die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems zu stärken.

Es geht darum, dass Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze nicht durch Engpässe in den Häfen und deren Anbindungen verringert werden. Damit die Häfen auch in Zukunft ihre katalytische Funktion für die Menschen und die Wirtschaft erfüllen können, sind eine Reihe von Maßnahmen im Rahmen einer integrierten, nachhaltigen Verkehrspolitik erforderlich, die

  • den Ausbau der hafenrelevanten Verkehrsinfrastrukturen voranbringen und die Kapazitätsengpässe in den Häfen beseitigen,
  • die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen verbessern,
  • Ausbildung und Beschäftigung sichern und stärken,
  • Umwelt- und Klimaschutz nachhaltig fördern und
  • die Sicherheit der Lieferketten optimieren.

Mit dem Nationalen Hafenkonzept legt der Bund einen strategischen Leitfaden seiner Hafenpolitik für die kommenden zehn Jahre vor. Das Konzept soll Bund, Länder, Kommunen, die Wirtschaft und die Gewerkschaften dabei unterstützen, im Interesse der Menschen die zukünftigen Herausforderungen zu meistern und Deutschlands Rolle als zentraler Wirtschafts- und Produktionsstandort in Europa zu festigen. Alle Beteiligten werden mit diesem Nationalen Hafenkonzept aufgefordert, verbindliche Absprachen über die Umsetzung der Maßnahmen zu treffen, denn Deutschland kann von dem zu erwartenden Güterwachstum nur dann profitieren, wenn wir alle gemeinsam an der Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen arbeiten.

Vor dem Hintergrund des wachsenden Güterumschlags in den Häfen hat sich die Bundesregierung bereits 1999 zusammen mit den Küstenländern auf eine "Gemeinsame Plattform zur deutschen Seehafenpolitik" verständigt. Ziel war es, den strategischen Schwerpunkt bei öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen auf die Verbesserung der see- und landseitigen Anbindungen der deutschen Häfen zu setzen. Der Bund hat sich dieser Verantwortung im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes 2003 gestellt, in den eine „Prioritätenliste“ mit 15 Küstenländer übergreifenden Schienen-, Straßen- und Wasserstraßenprojekten zur Verbesserung der Hinterlandanbindungen der deutschen Seehäfen aufgenommen wurde. Insgesamt ist dafür im Investitionsrahmenplan 2006 – 2010 eine Summe von 5,1 Mrd. € vorgesehen.

Mit dem Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 bekräftigte die Bundesregierung ihre Absicht, die notwendigen seewärtigen und landseitigen Anbindungen der Häfen gezielt und koordiniert auszubauen und die Bedeutung der deutschen Binnenschifffahrt als sicherer und umweltfreundlicher Verkehrsträger im Gesamtverkehrssystem deutlich zu steigern. Das Binnenschiff hat, gemessen an der Transportleistung, unter allen Verkehrsmitteln den niedrigsten Energieverbrauch und die geringsten Schadstoffemissionen. An diesen Zielen hält die Bundesregierung weiterhin fest. Ausbau und Optimierung der wasser- und landseitigen Anbindung der See- und Binnenhäfen stellen auch zukünftig einen Schwerpunkt im Rahmen der integrierten Verkehrspolitik des Bundes dar.

Neben dem Verkehrsinfrastrukturausbau leistet die Bundesregierung erhebliche Beiträge zum Neu- und Ausbau leistungsfähiger Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs in den See- und Binnenhäfen. Für die Optimierung des Güterumschlags in den Häfen, die effizientere Verteilung der Güter in das Hinterland und die bessere Vernetzung der Logistikketten fördert die Bundesregierung seit 2008 im Rahmen des Forschungsprogramms Innovative Seehafentechnologien II Projekte zur Verbesserung der Umschlagtechnik, Fortentwicklung der IT-Systeme und Anpassung der Organisation in den Häfen und den Logistikketten. Daneben unterstützt die Bundes-regierung im Rahmen verschiedener Programme die Entwicklung abgasarmer Motoren und den Einbau von neuen Motoren und Partikelfiltern in der Binnenschifffahrt.

Die Investitionspolitik des Bundes ist ein zentraler Eckpfeiler zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Sie muss aber eingebettet bleiben in eine integrierte Verkehrspolitik, die dem Ziel der Nachhaltigkeit verpflichtet ist. Diesem Anspruch kommen wir mit der Vorlage des nationalen Hafenkonzeptes nach.

Fussnoten

  1. Vgl. Statistisches Bundesamt 2008
  2. Deutsche Bank Research, Logistik in Deutschland, Oktober 2008.
  3. Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe e.V. und des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen e.V.
  4. Angaben der Bundes-Vereinigung Logistik e.V.

Inhaltsverzeichnis | II. Herausforderungen und Chancen