Ladungssicherung

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Geschichte

Ladungssicherung Anno 1825
"...Die Ladung setzt eine eigene Wissenschaft und Geschicklichkeit voraus, von der sich der Fuhrmann einige Kenntnisse zu verschaffen suchen muss, damit er nötigenfalls die Umladung selbst besorgen und sich, wenn selbige fehlerhaft oder locker ist, helfen kann." [1]

Auch Werner von Siemens hat bereits 1880 festgestellt, dass das Verhüten von Unfällen nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden darf, sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft.

Allgemeines

Wenn es um Ladungssicherung geht bekommt man oft den Satz "Das ist so schwer, das rutscht nicht" zu hören. Dass das nicht nur falsch, sondern auch gefährlich ist, muss jedem der mit Ladungssicherung zu tun hat klar sein. Nicht umsonst gibt es umfangreiche gesetzliche und technische Normen und Vorschriften zu diesem Thema.

Ladungssicherung hat das Ziel sämtliche Gefahren die für oder durch eine Ladung entstehen können zu beseitigen. Die Ladungssicherung beginnt schon bei der kleinsten Verpackungseinheit (VE) und erstreckt sich über alle Zwischenverpackungen bis zur Sicherung der ganzen Transporteinheit (TE) (Laschen eines Seecontainers an Board eines Schiffes). Erst wenn alle Packungen sämtliche einwirkenden Kräfte aufnehmen können und sich dadurch die relative Position der Ladung zur Umgebung nicht ändert, erst dann ist die Ladung richtig gesichert.

Als Ladungssicherung bezeichnet man das Sichern von Frachtgut (Ladung) im Straßen-, Eisenbahn-, Luft- und Schiffsverkehr gegen die beim Transport auftretenden physikalischen Bewegungskräfte. Beim Straßentransport treten unter anderem Kräfte entgegen der Fahrtrichtung auf wenn das Fahrzeug die Geschwindigkeit erhöht. Beim Bremsen wirken Kräfte in Fahrtrichtung, in Kurven wirken Fliehkräfte in seitliche Richtungen. Diese Kräfte müssen durch ausreichende Ladungssicherung neutralisiert werden um ein verrutschen der Ladung zu verhindern.

Beachten Sie bitte auch den Rahmenlehrplan zur Ausbildung im Packen und Sichern von Ladungen in Beförderungseinheiten mit einigen grundsätzlichen Hinweisen.

physikalische Grundlagen

Um zu verstehen Warum und vor allem Wie Ladegut zu sichern ist, muss man die physikalischen Grundlagen kennen. Bei einem Transport spielen verschiedene Faktoren eine Rolle deren zusammenwirken dafür sorgen das die Ladung dort bleibt wo sie soll, nämlich an ihrem Platz auf der Ladefläche. Beim Straßentransport sind das hauptsächlich:

  • Beschleunigungskräfte
  • Fliehkräfte
  • Reibung

Jeder Körper hat nach dem Newtonschen Gesetz mit dem die Massenträgheit beschrieben wird die Eigenschaft seinen Ruhe- oder Bewegungszustand beizubehalten. Um eine Masse zu Beschleunigen, Abzubremsen oder die Bewegungsrichtung zu ändern bedarf es immer einer Kraft.

Wenn ein Fahrzeug (Fhzg.) beschleunigt wird, wird von der Ladefläche eine Kraft in Fahrtrichtung auf das Ladegut ausgeübt die maximal so groß ist wie der Wert der Haftreibung. Entgegen der Fahrtrichtung wirkt die Massenträgheit die dafür sorgt das das Ladegut dort bleiben will wo es ist. Wenn jetzt die Haftreibung nicht groß genug ist um das Ladegut entsprechend der Fahrzeugbeschleunigung in Bewegung zu versetzen beginnt die Ladung zu rutschen. Nun wirkt nur noch die Gleitreibung, die immer kleiner als die Haftreibung ist, auf das Ladegut. Soll heißen wenn es erst mal rutscht, dann rutscht es.

Beschleunigung

Unter dem Begriff Beschleunigung wird im allgemeinen eine Erhöhung der Bewegungsgeschwindigkeit verstanden. Die Beschleunigung wird in m/s² angegeben. Beschleunigung bezeichnet aber immer die Veränderung einer Bewegungsgeschwindigkeit durch eine einwirkende Kraft. Eine negative Beschleunigung (auch Verzögerung) wird im allgemeinen als Bremsen bezeichnet. Beim Bremsen wird im wesentlich durch die Reibung der Bremsen Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt. Ausführlich bei Wikipedia

Fliehkraft

Die Fliehkraft wirkt immer quer zur Bewegungsrichtung. Sie steigt bei engerem Kurvenradius und/oder höherer Geschwindigkeit an. Ausführlich bei Wikipedia

Reibung

Reibung ist die Kraft die zwischen zwei sich berührenden Gegenständen herrscht. Wird ein Gegenstand bewegt wird die Kraft auch auf den zweiten übertragen. Solange die Beschleunigung des einen Körpers kleiner ist als die Reibung wird der zweite Gegenstand ebenfalls in Bewegung versetzt. Bei der Reibung muss zwischen Haftreibung und Gleitreibung unterschieden werden. Dabei ist die Haftreibung immer größer als die Gleitreibung. Ausführlich bei Wikipedia

formschlüssige Ladungssicherung

Um zu verhindern das sich die Ladung auf der Ladefläche bewegen kann ist die einfachste Möglichkeit einen Formschluss herzustellen. Das bedeutet das die Ladefläche im Idealfall komplett gefüllt ist und die gesamte Ladung einen homogenen Block bildet. Da dies in der Praxis selten möglich ist müssen Lücken in der Ladung durch Stausäcke, Luftpolstertüten, Paletten oder ähnlichem geschlossen werden. Ebenso denkbar ist eine Abstützung durch Zwischenwandverschlüsse, Sperrstangen oder Doppelstockladebalken.

kraftschlüssige Ladungssicherung

Die kraftschlüssige Ladungssicherung wird durch Niederzurren gewährleistet. Bei einer kraftschlüssigen Ladungssicherung wird mithilfe von Spanngurten, Zurrketten oder ähnlichem eine zusätzliche Kraft auf das Ladegut ausgeübt die die Reibung zwischen Ladegut und Ladefläche soweit erhöht das die während des Transports auftretenden Kräfte die Ladung nicht mehr auf (oder von) der Ladefläche bewegen können. Um die Reibung noch weiter zu erhöhen können rutschhemmende Materialien (RHM) unter das Ladegut gelegt werden.

Verantwortlichkeiten

Grundsätzlich Verantwortlich für die Landungssicherung sind immer:

  • der Fahrer
  • der Fahrzeughalter
  • der Verlader

Werden bei einer Verkehrskontrolle oder einem Unfall mit Sachschaden Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften festgestellt müssen alle drei oben genannten mit Bußgeldern und Punkten in Flensburg rechnen. Bei einem Unfall mit Personenschaden ist immer mit Geld- und/oder Freiheitsstrafen zu rechnen.

In der Praxis muss bei der Verantwortung für die Ladungssicherung zwischen der Beförderungssicheren und der Betriebssicheren Verladung unterschieden werden.

Beförderungssichere Verladung

Für die Beförderungssichere Verladung ist nach §412 HGB der Absender Verantwortlich. Das heißt der Absender muss das Ladegut nach den anerkannten Regeln der Technik so sichern das es während einer normal verlaufenden Beförderung weder selbst beschädigt wird noch andere Ladegüter durch die Ware beschädigt werden. Das Ladegut muss also gegen Erschütterungen, Schwankungen, Umfallen, Herabfallen, Verschieben usw. gesichert sein. Zu den Ereignissen die während einer normal verlaufenden Beförderung auftreten können zählen unter anderem Vollbremsungen, Ausweichmanöver, schlechte Straßenverhältnisse und Rangierstöße. Jedoch muss der Absender nicht damit rechnen das daß Fahrzeug in einen Unfall verwickelt wird.

Kommt es während einer unfallfrei verlaufenden Beförderung zu einem Transportschaden wird nach §427 Abs. 2 HGB unterstellt das der Schaden wegen nicht Beförderungssicherer Verladung entstanden ist und somit der Absender bzw. derjenige der tatsächlich Verladen hat für den Schaden Haftbar ist.

Ist der Verlader Spediteur so haftet er nach den Allgemeinen deutschen Spediteursbedingungen mit höchstens 5 Euro pro Kilogramm. War der Frachtführer der Verlader so haftet er nach den §§ 425 Abs. 1 und 431 HGB mit bis zu 8,33 SZR. Ist der Verlader weder Spediteur noch Frachtführer so haftet er nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches unbegrenzt in voller Höhe wenn nicht er selbst der Geschädigte ist. Ist er selbst der Geschädigte erhält er keinen Schadensersatz.

Kommt es durch eine nicht Beförderungssichere Verladung zu einer Störung der Betriebssicherheit des Fahrzeuges so haftet der Verlader zusätzlich zum Fahrer mit für die zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen.

Betriebssichere Verladung

Für die betriebssichere Verladung haftet immer der Fahrer. Dies gilt unabhängig davon wer tatsächlich verladen hat. Eine Verladung ist dann Betriebssicher wenn von ihr keine gefährlichen Auswirkungen ausgehen können. Die Ladung darf also weder Fahrstabilität beeinträchtigen, noch die Bremsfähigkeit des Fahrzeuges beeinflussen. Auch die ordnungsgemäße Bedienung des Fahrzeuges sowie die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften darf durch die Ladung nicht behindert werden. Für Schäden die aus einer nicht betriebssicheren Verladung entstehen, kann der Fahrzeughalter ebenfalls Haftbar sein.

Gesetze, Normen und Vorschriften

Die Gesetze und Vorschriften zur Ladungssicherung können in zwei Gruppen unterteilt werden:

  • zur Durchführung ordnungsgemäßer Ladungssicherung
  • zu den Folgen nicht ordnungsgemäßer Ladungssicherung

Mangelhafte Ladungssicherung kann wiederum zweierlei Arten rechtlicher Konsequenzen haben:

  • entstehen durch die mangelhafte Ladungssicherung Schäden an Gut, an Leib oder Leben oder dem Eigentum Dritter hat dies haftungsrechtliche Konsequenzen. Dies bedeutet, dass der am beförderten Gut entstandene Schaden ebenso zu ersetzen ist wie, der Schaden den andere, am Transport überhaupt nicht beteiligte, erleiden.
  • aus mangelhafter Ladungssicherung können, unabhängig davon ob ein Schaden eingetreten ist oder nicht für die dafür verantwortlichen Personen ordnungs- oder strafrechtliche Konsequenzen entstehen. Dies können Verwarnungs- oder Bußgelder bis hin zu Geld- und Freiheitsstrafen sein.

Gesetze und Normen geben den technischen und inhaltlichen Rahmen für die Ladungssicherung vor. Diese werden durch Normen (ISO / EN /DIN), Richtlinien (VDI etc.) und Unfallverhütungsvorschriften mit konkreten Vorgaben gefüllt, dies sind die oft genannten anerkannten Regeln der Technik.

Gesetzliche Vorschriften

Die nachfolgend aufgeführte StVO ist kein Gesetz im eigentlichen Sinne, sie ist eine Rechtsverordnung, die aufgrund des §6 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geschaffen wurde.

  • §22 Abs. 1 StVO: "Ladegut ist zu sichern"

Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und her-rollen, herab-fallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.

  • §23 Abs. 1 StVO: "sonstige Pflichten des Fahrzeugführers"

Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, daß seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Er muss dafür sorgen, daß das Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und Besetzung vorschriftsmäßig sind und daß die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet.[...]

  • §31 Abs. 2 StVZO: "Betriebsverantwortung"

Der Halter darf die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, daß der Führer nicht zur selbständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder daß die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.

  • §412 Abs. 1 HGB: "Betriebssichere Verladung"

Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

Normen

  • ISO 4115 "Luftfracht-Palettennetze"
  • DIN 27202 "Ladungssicherung an Eisenbahnfahrzeugen"
  • DIN 55 402 Blatt 1: Markierung für den Versand von Gütern - Bildzeichen
  • DIN 55 402 Blatt 2: Markierung für den Versand von Gütern - Art der Beschaffenheit
  • DIN 55 402 Teil 2: Markierung für den Versand von Packstücken – Richtlinien
  • DIN 55 40 Teil 5: Packstücke – Begriffe
  • DIN 75 410-1: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Zurrpunkte an Nutzfahrzeugen zur Güterbeförderung bis 3,5 t zGG; Mindestanforderungen
  • DIN 75 410-2: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Ladungssicherung in Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw
  • DIN 75 410-3: Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen; Ladungssicherung in Kastenwagen
  • DIN EN 12195-1: Berechnung der Zurr- und Sicherungskräfte
  • DIN EN 12195-2: Zurrgurte aus Chemiefasern
  • DIN EN 12640: Zurr- und Anschlagpunkte auf Nutzfahrzeugen
  • DIN EN 12642: Nutzfahrzeugaufbauten Code XL Anhang A und B

Berufgenossenschaftliche Unfallverhütungsvorschriften

  • §22 BGV D29 "Unfallverhütungsvorschriften für Nutzfahrzeugaufbauten"
  • §37 BGV D29 "Be- und Entladen":
    Die Ladung ist so zu verstauen und bei Bedarf zu sichern, dass bei üblichen Verkehrsbedingungen[2] eine Gefährdung von Personen ausgeschlossen ist.

Richtlinien

  • VDI 2700: Ladegutsicherung auf Straßenfahrzeugen
  • VDI 2700 Blatt 2: Berechnung der Zurr- und Sicherungskräfte
  • VDI 2700 Blatt 3: Ladegutsicherungsmittel
  • VDI 2700 Blatt 4: Lastverteilungsplan
  • VDI 2700 Blatt 5: Qualitätssicherungssystem zur Ladegutsicherung
  • DCE-RL. 9.5: Ladegutsicherung mit DAIMLER CHRYSLER Ladungsträgern

siehe auch

Literatur

Fußnoten

  1. Johann Preißler: "Not- und Behelfsbüchlein für Fuhrleute zu Hause und auf der Reise", Illmenau 1825
  2. Anmerkung:
    Zu den üblichen Verkehrsbedingungen gehören auch Vollbremsungen oder Unebenheiten der Fahrbahn. Die Maßnahmen zur Sicherung der Ladung richten sich nach Art des Ladegutes und den Konstruktionsmerkmalen des Fahrzeugaufbaues. Ist eine ausreichende Ladungssicherung durch den Fahrzeugaufbau allein nicht gewährleistet, sind geeignete Hilfsmittel zu benutzen.