ADR 2007 2.2.2.1 Kriterien

Aus Lager- & Logistik-Wiki
Version vom 13. März 2009, 17:21 Uhr von W. Schwenk (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

2.2.2.1 Kriterien

2.2.2.1.1

Der Begriff der Klasse 2 umfasst reine Gase, Gasgemische, Gemische eines oder mehrerer Gase mit einem oder mehreren anderen Stoffen sowie Gegenstände, die solche Stoffe enthalten.

Gase sind Stoffe, die[1]

a) bei 50 °C einen Dampfdruck von mehr als 300 kPa (3 bar) haben oder
b) bei 20 °C und dem Standarddruck von 101,3 kPa vollständig gasförmig sind.

2.2.2.1.2

Die Stoffe und Gegenstände der Klasse 2 sind wie folgt unterteilt: 1.Verdichtetes Gas: Ein Gas, das im für die Beförderung unter Druck verpackten Zustand bei –50 °C vollständig gasförmig ist; diese Kategorie schließt alle Gase ein, die eine kritische Temperatur von höchstens –50 °C haben.
2. Verflüssigtes Gas: Ein Gas, das im für die Beförderung unter Druck verpackten Zustand bei Temperaturen über –50 °C teilweise flüssig ist. Es wird unterschieden zwischen:

  • unter hohem Druck verflüssigtes Gas: ein Gas, das eine kritische Temperatur über –50 °C bis höchstens +65 °C hat und
  • unter geringem Druck verflüssigtes Gas: ein Gas, das eine kritische Temperatur über +65 °C hat.

3. Tiefgekühlt verflüssigtes Gas: Ein Gas, das im für die Beförderung verpackten Zustand wegen seiner niedrigen Temperatur teilweise flüssig ist.
4. Gelöstes Gas: Ein Gas, das im für die Beförderung unter Druck verpackten Zustand in einem Lösungsmittel in flüssiger Phase gelöst ist.
5. Druckgaspackungen und Gefäße, klein, mit Gas (Gaspatronen).
6. Andere Gegenstände, die Gas unter Druck enthalten.
7. Nicht unter Druck stehende Gase, die besonderen Vorschriften unterliegen (Gasproben).

2.2.2.1.3

Die Stoffe und Gegenstände (ausgenommen Druckgaspackungen) der Klasse 2 werden ihren gefährlichen Eigenschaften entsprechend einer der folgenden Gruppen zugeordnet:
A   erstickend
O   oxidierend
F   entzündbar
T   giftig
TF  giftig, entzündbar
TC  giftig, ätzend
TO  giftig, oxidierend
TFC giftig, entzündbar, ätzend
TOC giftig, oxidierend, ätzend

Wenn nach diesen Kriterien Gase oder Gasgemische gefährliche Eigenschaften haben, die mehr als einer Gruppe zugeordnet werden können, haben die mit dem Buchstaben T bezeichneten Gruppen Vorrang vor allen anderen Gruppen. Die mit dem Buchstaben F bezeichneten Gruppen haben Vorrang vor den mit dem Buchstaben A oder O bezeichneten Gruppen.[2]

2.2.2.1.4

Wenn ein in Kapitel 3.2 Tabelle A namentlich genanntes Gemisch der Klasse 2 anderen als den in den Absätzen 2.2.2.1.2 und 2.2.2.1.5 genannten Kriterien entspricht, so ist dieses Gemisch entsprechend den Kriterien einzuordnen und einer geeigneten n.a.g.-Eintragung zuzuordnen.

2.2.2.1.5

Die in Kapitel 3.2 Tabelle A nicht namentlich genannten Stoffe und Gegenstände (ausgenommen Druckgaspackungen) der Klasse 2 sind nach den Absätzen 2.2.2.1.2 und 2.2.2.1.3 einer in Unterabschnitt 2.2.2.3 aufgeführten Sammeleintragung zuzuordnen. Es gelten folgende Kriterien:

Erstickende Gase

Nicht oxidierende, nicht entzündbare und nicht giftige Gase, die in der Atmosphäre normalerweise vorhandenen Sauerstoff verdünnen oder verdrängen.

Entzündbare Gase

Gase, die bei 20 °C und dem Standarddruck von 101,3 kPa

a) in einer Mischung von höchstens 13 Vol.-% mit Luft entzündbar sind oder
b) unabhängig von der unteren Explosionsgrenze einen Explosionsbereich mit Luft von mindestens 12 Prozentpunkten besitzen.

Die Entzündbarkeit muss durch Versuche oder durch Berechnungen nach den von der ISO angenommenen Methoden (siehe ISO-Norm 10156:1996) festgestellt werden.

Stehen für die Anwendung dieser Methoden nur unzureichende Daten zur Verfügung, dürfen Prüfungen nach vergleichbaren Methoden, die von der zuständigen Behörde des Ursprungslandes anerkannt sind, angewendet werden.

Ist das Ursprungsland keine Vertragspartei des ADR, so müssen die Methoden von der zuständigen Behörde der ersten von der Sendung berührten Vertragspartei des ADR anerkannt werden.

Oxidierende Gase

Gase, die im Allgemeinen durch Lieferung von Sauerstoff die Verbrennung anderer Stoffe stärker als Luft verursachen oder begünstigen können. Die Oxidationsfähigkeit muss durch Versuche oder durch Berechnungen nach den von der ISO angenommenen Methoden (siehe ISO-Norm 10156:1996 und ISONorm 10156-2:2005) festgestellt werden.

Giftige Gase

Gase,[3]

a) die bekanntermaßen so giftig oder ätzend auf den Menschen wirken, dass sie eine Gefahr für die Gesundheit darstellen; oder
b) von denen man annimmt, dass sie giftig oder ätzend auf den Menschen wirken, weil sie bei den Prüfungen gemäß Unterabschnitt 2.2.61.1 einen LC50-Wert für die akute Giftigkeit von höchstens 5000 ml/m³ (ppm) aufweisen.

Für die Zuordnung von Gasgemischen (einschließlich Dämpfe von Stoffen anderer Klassen) darf folgende Formel verwendet werden:

ADR 2007 2 2 2 1 Bild 1.png

wobei

fi = Molenbruch des i-ten Bestandteils des Gemisches
Ti = Giftigkeitskennzahl des i-ten Bestandteils des Gemisches. Der Ti-Wert entspricht dem LC50-Wert nach Unterabschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 200. Ist der LC50-Wert in Unterabschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 200 nicht aufgeführt, so ist der in der wissenschaftlichen Literatur vorhandene LC50-Wert zu verwenden. Ist der LC50-Wert nicht bekannt, wird die Giftigkeitskennzahl anhand des niedrigsten LC50-Wertes von Stoffen mit ähnlichen physiologischen und chemischen Eigenschaften oder, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, anhand von Versuchen berechnet.

Ätzende Gase

Gase oder Gasgemische, die wegen ihrer Ätzwirkung vollständig den Kriterien für die Giftigkeit entsprechen, sind als giftig mit der Zusatzgefahr der Ätzwirkung einzustufen.

Ein Gasgemisch, das wegen der Verbindung von Ätzwirkung und Giftigkeit als giftig angesehen wird, besitzt die Zusatzgefahr der Ätzwirkung, wenn durch Erfahrungswerte in Bezug auf den Menschen bekannt ist, dass das Gemisch schädlich für die Haut, die Augen oder die Schleimhäute ist, oder wenn der LC50-Wert der ätzenden Bestandteile des Gemisches bei Berechnung nach der folgenden Formel höchstens 5000 ml/m³ (ppm) beträgt:

ADR 2007 2 2 2 1 Bild 2.png

wobei

fci = Molenbruch des i-ten ätzenden Bestandteils des Gemisches
Tci = Giftigkeitskennzahl des i-ten ätzenden Bestandteils des Gemisches. Der Tci-Wert entspricht dem LC50-Wert nach Unterabschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 200. Ist der LC50-Wert in Unterabschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 200 nicht aufgeführt, so ist der in der wissenschaftlichen Literatur vorhandene LC50-Wert zu verwenden. Ist der LC50-Wert nicht bekannt, wird die Giftigkeitskennzahl anhand des niedrigsten LC50-Wertes von Stoffen mit ähnlichen physiologischen und chemischen Eigenschaften oder, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, anhand von Versuchen berechnet.

2.2.2.1.6

Druckgaspackungen

Druckgaspackungen (UN-Nummer 1950) werden ihren gefährlichen Eigenschaften entsprechend einer der folgenden Gruppen zugeordnet:
A   erstickend
O   oxidierend
F   entzündbar
T   giftig
C   ätzend
CO  ätzend, oxidierend
FC  entzündbar, ätzend
TF  giftig, entzündbar
TC  giftig, ätzend
TO  giftig, oxidierend
TFC giftig, entzündbar, ätzend
TOC giftig, oxidierend, ätzend

Die Klassifizierung ist abhängig von der Art des Inhalts der Druckgaspackung.[4]

Es gelten folgende Kriterien:

a) Eine Zuordnung zur Gruppe A erfolgt, wenn der Inhalt nicht den Kriterien einer anderen Gruppe gemäß den Absätzen b) bis f) entspricht.
b) Eine Zuordnung zur Gruppe O erfolgt, wenn die Druckgaspackung ein oxidierendes Gas gemäß Ab- satz 2.2.2.1.5 enthält.
c) Eine Zuordnung zur Gruppe F erfolgt, wenn der Inhalt mindestens 85 Masse-% entzündbare Bestandteile enthält und die chemische Verbrennungswärme mindestens 30 kJ/g beträgt.

Eine Zuordnung zur Gruppe F erfolgt nicht, wenn der Inhalt höchstens 1 Masse-% entzündbare Bestandteile enthält und die Verbrennungswärme geringer als 20 kJ/g ist.

Andernfalls ist die Druckgaspackung gemäß den im Handbuch Prüfungen und Kriterien Teil III Abschnitt 31 beschriebenen Prüfungen auf Entzündbarkeit zu prüfen. Leicht entzündbare und entzündbare Druckgaspackungen sind der Gruppe F zuzuordnen.[5]

d) Eine Zuordnung zur Gruppe T erfolgt, wenn der Inhalt, ausgenommen das Treibmittel der Druckgaspackung, der Klasse 6.1 Verpackungsgruppe II oder III zugeordnet ist.
e) Eine Zuordnung zur Gruppe C erfolgt, wenn der Inhalt, ausgenommen das Treibmittel der Druckgaspackung, den Kriterien der Klasse 8 Verpackungsgruppe II oder III entspricht.
f) Wenn die Kriterien für mehr als eine Gruppe der Gruppen O, F, T und C erfüllt werden, erfolgt eine Zuordnung zu den Gruppen CO, FC, TF, TC, TO, TFC bzw. TOC.

Fussnoten

  1. 1. UN 1052 Fluorwasserstoff ist dennoch ein Stoff der Klasse 8.
    2. Ein reines Gas darf andere Bestandteile enthalten, die vom Produktionsprozess herrühren oder die hinzugefügt werden, um die Stabilität des Produkts aufrechtzuerhalten, vorausgesetzt, die Konzentration dieser Bestandteile verändert nicht die Klassifizierung oder die Beförderungsvorschriften wie Füllungsgrad, Fülldruck oder Prüfdruck.
    3. Die n.a.g.-Eintragungen in Unterabschnitt 2.2.2.3 können sowohl reine Gase als auch Gemische einschließen.
    4. Mit Kohlensäure versetzte Getränke unterliegen nicht den Vorschriften des ADR.
  2. 1. In den UN-Modellvorschriften, im IMDG-Code und in den Technischen Anweisungen der ICAO werden die Gase auf Grund ihrer Hauptgefahr einer der folgenden drei Unterklassen zugeordnet:
    Unterklasse 2.1: entzündbare Gase (entspricht den Gruppen, die durch den Großbuchstaben F bezeichnet sind)
    Unterklasse 2.2: nicht entzündbare, nicht giftige Gase (entspricht den Gruppen, die durch den Großbuchstaben A oder O bezeichnet sind)
    Unterklasse 2.3: giftige Gase (entspricht den Gruppen, die durch den Großbuchstaben T bezeichnet sind, d.h. T, TF, TC, TO, TFC und TOC).
    2. Gefäße, klein, mit Gas (UN-Nummer 2037), sind entsprechend der vom Inhalt ausgehenden Gefahren den Gruppen A bis TOC zuzuordnen. Für Druckgaspackungen (UN-Nummer 1950) siehe Absatz 2.2.2.1.6.
    3. Ätzende Gase gelten als giftig und werden daher der Gruppe TC, TFC oder TOC zugeordnet.
    4. Gemische mit mehr als 21 Vol.-% Sauerstoff sind als oxidierend einzuordnen.
  3. Gase, die wegen ihrer Ätzwirkung teilweise oder vollständig den Kriterien für die Giftigkeit entsprechen, sind als giftig einzustufen. Wegen der möglichen Zusatzgefahr der Ätzwirkung siehe auch die Kriterien unter der Überschrift Ätzende Gase.
  4. Gase, die der Begriffsbestimmung für giftige Gase gemäß Absatz 2.2.2.1.5 oder für pyrophore Gase gemäß Unterabschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 200 entsprechen, dürfen nicht als Treibmittel in Druckgaspackungen verwendet werden. Druckgaspackungen mit einem Inhalt, der hinsichtlich der Giftigkeit und der Ätzwirkung den Kriterien der Verpackungsgruppe I entspricht, sind zur Beförderung nicht zugelassen (siehe auch Absatz 2.2.2.2.2).
  5. Entzündbare Bestandteile sind entzündbare flüssige Stoffe, entzündbare feste Stoffe oder die im Handbuch Prüfungen und Kriterien Teil III Unterabschnitt 31.1.3 Bem. 1 bis 3 definierten entzündbaren Gase oder Gasgemische. Durch diese Bezeichnung werden pyrophore, selbsterhitzungsfähige oder mit Wasser reagierende Stoffe nicht erfasst. Die chemische Verbrennungswärme ist durch eines der folgenden Verfahren zu bestimmen: ASTM D 240, ISO/FDIS 13943:1999 (E/F) 86.1 bis 86.3 oder NFPA 30B.