Innerbetriebliche Normung

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Untersuchungen in Industriebetrieben haben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Anzahl verschiedener Teile und der Höhe der Lagerbestände aufgezeigt. Die innerbetriebliche Normung versucht die Teilevielfalt möglichst weit zu reduzieren um gleichzeitig die notwendigen Lagerbestände zu senken.

Hauptverantwortlich für die Teilevielfalt ist sicherlich die Konstruktions- / Entwicklungsabteilung, aber auch der Vertrieb hat mit seinen Sonderwünschen und verschiedenen Varianten einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Größe des Artikelsortiments.

Auch wenn der Vertrieb, mit der Forderung nach möglichst vielen lieferbaren Varianten einen entscheidenden Beitrag zur Sortimentsgröße leistet, so liegt es am Ende doch bei der Entwicklungsabteilung diese Varianten mit möglichst wenig verschiedenen Teilen herzustellen.

Normung

Ein Werkzeug zur betrieblichen Normung ist die Standardisierung, dies bedeutet im eigentlichen Wortsinn eine Vereinheitlichung von Maßen, Typen, Verfahrensweisen oder anderem.

Gedankenspiel:
In einem Industriebetrieb werden jährlich ca. 12.000 Stück Zylinderschrauben der Größe M3x12 verbaut. Diese werden Quartalsweise als aus einer Abrufbestellung bezogen. Es fallen folgende (exemplarischen) Kosten an:

Bestellkosten: 4x85 € = 340 €
Lagerhaltung (Kontrolle, Einlagerung etc.): = 160 €
Wareneinsatz 12.000x0,10 € = 1200 €

Diese Schrauben wurden ersetzt durch Zylinderschrauben der Größe M4x12. Es gab einmalige Kosten für die Umstellung der Fertigungsunterlagen und Produktionsprozesse. Jetzt aber Fallen die Bestellkosten komplett weg, weil die Schrauben der neuen Größe ohnehin ebenfalls Quartalsweise bezogen werden, es wurde lediglich die Bestellmenge erhöht. Die Kosten für Lagerhaltung entfallen ebenfalls (größtenteils) weil der Mehraufwand zu vernachlässigen ist. Beim Wareneinsatz ergibt sich sogar noch eine Kosteneinsparung weil der Schraubenlieferant einen größeren Rabatt auf die neue Abrufmenge einräumt.

Typung

Typung bezieht sich im Gegensatz zur Normung nicht auf Einzelteile, sondern auf das gesamte Fertigprodukt. Durch die Typung soll die Produktpalette übersichtlich gestaltet werden. Dadurch wird es möglich verschiedene Varianten beispielsweise eines Getriebes mit unterschiedlichen Übersetzungen mit möglichst wenig verschiedenen Bauteilen herzustellen. Im Idealfall sind bis auf die unterschiedlichen Zahnräder alle anderen Teile des Getriebetyps gleich.

Nummernsystem

Damit die Entwicklungsabteilung entsprechend den Lagerbeständen konstruieren kann, ist es unerlässlich ein gut durchschaubares Nummern- und Namenssystem zu pflegen.

Bei den systematischen Nummernsystemen (auch: sprechende Nummernsysteme) werden, die Artikelnummern beispielsweise durch Prä- oder Suffixe in Artikelgruppen eingeteilt. Die Artikelnummern lassen dann auch häufig Rückschlüsse auf technische Details der Produkte zu. Der große Vorteil dieser Nummernsysteme ist, dass ein Entwickler der eine Schraube benötigt, sehr einfach nachschauen kann welche Schrauben bereits Bestandsgeführt sind und ob eine davon für den Verwendungszweck in Frage kommt.

Beispiel: 1311-04128801 Zylinderschraube mit Innensechskant, M4x12, 8.8 verzinkt
Das Präfix "1311" gibt an, dass es sich hier um eine Zylinderkopfschraube mit Innensechskant nach DIN handelt. Der zweite Teil der Nummer gibt technische Spezifikationen der Schraube wieder. Es ist bereit an der Nummer zu erkennen das es sich hier um eine Schraube mit 4 mm durchmessendem metrischen Gewinde und einer Gewindelänge von 12 mm handelt. Die letzten beiden Stellen sind eine Reserve- sowie eine Prüfziffer. Was sich hinter der Artikelnummer 1311-06204401 verbirgt ist jedem der das System kennt, sofort klar. Richtig eine Schraube mit Zylinderkopf und Innensechskant, M6x20 Festigkeitsklasse 4.4.

Die systemfreien Nummernsysteme haben den Vorteil, dass sehr einfach ohne Rücksicht auf Gültigkeitsregeln neue Artikelnummern erzeugt werden können. Die Nummern sind in der Regel auch wesentlich kürzer als sprechende Artikelnummern. Jedoch ist es hier ungemein schwieriger Anhand der Nummer festzustellen ob ein bestimmtes Teil bereits Bestandsgeführt ist. Hier ist daher eine einheitliche Benamung der Teile ungemein wichtig. Vollkommen systemfreie Artikelnummern sind in der Praxis äußerst selten.

Am häufigsten sind teilsprechende Nummernsysteme anzutreffen, sie bestehen meist aus einem sprechenden Teil und einer fortlaufenden Nummer mit Prüfziffer. Auch hier ist eine einheitliche und ausführliche Benennung der Artikel im Beschreibungstext dringend zu empfehlen.

Quellen

• R. Weber, Zeitgemäße Materialwirtschaft mit Lagerhaltung, 6. Auflage, expert verlag
https://de.wikipedia.org/wiki/Standardisierung
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/typung.html